Die Tiefsee ist einer der letzten weitgehend unberührten Räume unseres Planeten. Noch wissen wir kaum, wie vielfältig diese Welt ist, wie sie funktioniert und welche Rolle sie im globalen Ökosystem spielt. Wir wissen sogar mehr über den Mond als über die Tiefsee.

Genau deshalb warnen Wissenschafterinnen und Wissenschafter seit Jahren vor einem industriellen Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee. Sie fürchten irreversible Schäden, die nicht nur die Biodiversität, sondern auch das Klimasystem betreffen könnten. Die Schweiz hat zusammen mit über 30 Staaten ein Moratorium für den Tiefseebergbau unterzeichnet, um abzuwarten, bis die Forschung mehr über die Tiefsee weiss.

Doch während der Bundesrat auf die Bremse tritt, drücken Schweizer Unternehmen aufs Gaspedal. Die in Fribourg beheimatete Allseas Group ist einer der Hauptfinanziers von The Metals Company (TMC), einem kanadischen Konzern, der mit gigantischen Maschinen die Meeresböden umpflügen will. Der Zuger Rohstoffkonzern Glencore war von Anfang an mit an Bord und hat sich vertraglich die Hälfte der künftigen Metalle gesichert.

Und Transocean aus Steinhausen beteiligt sich an Unternehmen, die Schiffe für den kommerziellen Tiefseeabbau entwickeln oder umrüsten. Transocean zählt zu den weltweit grössten Unternehmen im Bereich Offshore-Bohrungen und wurde durch die Katastrophe der Bohrplattform «Deepwater Horizon» bekannt.

Die Widersprüchlichkeit ist frappant: Offiziell bekennt sich die Schweiz zum internationalen Umweltschutz und zum Moratorium für Tiefseebergbau, faktisch profitieren Konzerne mit Schweizer Adresse von dessen Unterlaufen. Der US-Präsident Donald Trump hat im April 2025 per Dekret den Tiefseebergbau fördern wollen. TMC nutzte die Gelegenheit, die Internationale Meeresbodenbehörde zu umgehen und reichte als erstes Unternehmen bei Trump einen Antrag ein. Dass ausgerechnet Schweizer Kapital und Know-how dabei eine Schlüsselrolle spielen, ist mehr als nur ein Schönheitsfehler. Es ist ein Angriff auf die Glaubwürdigkeit unseres Landes und unseres Kantons.

Die Frage ist: Kann es sich die Schweiz leisten, dass Schweizer respektive Zuger Unternehmen Bundesratsentscheide unterlaufen und an der Zerstörung eines kaum verstandenen Ökosystems verdienen? Die Antwort darauf liegt nicht nur beim Bundesrat, sondern auch bei den Kantonen, die internationalen Konzernen eine Heimat bieten. Der Kanton Zug, bekannt für seine Anziehungskraft globaler Rohstoffmultis, trägt eine besondere Verantwortung. Es genügt nicht, auf nationale oder internationale Regelungen zu verweisen.

Wer Unternehmen von solcher Tragweite beherbergt, muss auch Transparenz einfordern, Rechenschaft verlangen und im Zweifelsfall auch rote Linien ziehen. Die Stadt Genf hat es vorgemacht und vom Bundesrat gefordert, die Zusammenarbeit von Allseas mit TMC zu untersagen. Ein starkes Signal, dass Städte und Kantone nicht tatenlos zusehen wollen. Auch Zug könnte dies tun. Entsprechende Fragen habe ich deshalb beim Regierungsrat deponiert.

Der Tiefseebergbau ist kein fernes Zukunftsszenario. In den kommenden Jahren wird sich entscheiden, ob wir die Tiefsee bewahren oder sie in ein weiteres Abbaugebiet verwandeln. Wir haben die Wahl: Entweder wir schauen weg, während Schweizer Unternehmen mit globalem Einfluss Fakten schaffen. Oder wir stellen uns der Verantwortung und setzen klare Grenzen. Denn auch wenn uns die Tiefsee am schönen Zugersee weit entfernt scheint, über die Zukunft der Tiefsee wird auch bei uns in Zug entschieden.

Kolumne Zuger Zeitung