Was mit einer vernünftigen Idee im Kantonsrat begann, ist zu einer unzugerischen Liberalisierungsvorlage verkommen. Ursprünglich wollte man kleine, unbemannte Containerlädeli ermöglichen als sinnvolle Ergänzung zur Nahversorgung. Doch herausgekommen ist eine massive Liberalisierung, mit der in Zug künftig rund um die Uhr eingekauft werden kann.

Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat hat ein Gesetz verabschiedet, das Selbstbedienungsläden «ohne Verkaufspersonal» mit bis zu 100 Quadratmetern Fläche vollständig von den Ladenöffnungszeiten befreit. Zwar erlaubt das Gesetz Arbeit bis 23 Uhr. Doch bisher war der Verkauf im Kanton Zug auf 19 Uhr begrenzt. Das bedeutete: Nach Aufräumen und Putzen war Feierabend. Neu soll das Verkaufspersonal bis spät in die Nacht arbeiten müssen. Die neue Regelung öffnet die Tür zu einer schleichenden Aushöhlung des Arbeitsrechts und erhöht den Druck auf das Verkaufspersonal erheblich. Hinzu kommt: Das Gesetz ist rechtlich ungenau. Es reicht, wenn ein Laden „ohne Verkaufspersonal“ betrieben wird. Trotzdem könnte das Personal von 6.00 bis 23:00 Uhr Regale auffüllen oder Fragen beantworten – solange offiziell nichts verkauft wird. Doch wo liegt die Grenze? Dürfen Fragen beantwortet werden oder ist das bereits Verkauf? Diese Grauzone lädt zum Missbrauch des Arbeitsrechts ein.

Dreimal hat das Zuger Stimmvolk eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten abgelehnt – zuletzt 2021 mit 65 Prozent. Damals ging es um eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten von einer Stunde. Und jetzt will der Kantonsrat über diese klaren Volksentscheide hinweg eine radikale Liberalisierung durchdrücken, die weit über alles hinausgeht, was je zur anfänglichen Diskussion stand?

Die Haltung der Alternative-die Grünen ist klar: Der Schutz der Angestellten im Detailhandel hat Priorität. Eine derart überzogene Liberalisierung auf dem Buckel erwerbstätiger Menschen ist verantwortungslos. Das neue Gesetz untergräbt den Arbeitnehmerschutz und ignoriert den Willen der Bevölkerung. Es bleibt zu hoffen, dass auch diesmal die Bevölkerung das letzte Wort hat.

Konradin Franzini
Kantonsrat und Co-Präsident Grüne Risch-Rotkreuz

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